Hier noch einige wunderbare Fotos, die Ernst Bokkelkamp in Bayreuth aufgenommen hat.
Schlagwort: Oberfranken
Nächtliches Kulmbach
Spontanes Konzert in Bamberg
Jetzt muss ich die Geschichte vom Mohren-Haus noch fertig erzählen. Zunächst hat eine der Verkäuferinnen zwei Stückchen Konfekt gebracht, mit der Empfehlung, das zum Kaffee zu essen, zum Beispiel im Mohren-Haus, wo man mich gerne auch einladen würde. Nachdem ich Stunden vor dem Mohren-Haus gespielt hatte, kam wieder eine der Damen zu mir heraus. War es jetzt einfach doch zu viel gewesen? Ganz falsch gedacht. Sie wollte wissen, ob ich öfter hier wäre und vielleicht Lust hätte, mal in der Kneipe ihres Freundes zu spielen. Das wäre für mich schwierig, am nächsten Tag wollte ich ja schon wieder heim. Es ginge also nur am selben Abend. OK, das wollte sie ihrem Freund vorschlagen. Der hat mich auch kurz darauf angerufen und wollte sich tatsächlich darauf einlassen.
So hat mich Simone am frühen Abend zur „Galerie am Stephansberg“ gelotst. Das ist eine Kneipe in der Größe eines ordentlichen Wohnzimmers, mit Piano und Sofa-Ecke. An den Wänden hängen abstrakte Bilder, die beim Kneipenlicht leider nur schwach zur Geltung kommen. Nach mehr als 4 Stunden Straßenmusik wollte ich nicht nochmal bis in die Puppen spielen. Es war aber klar, dass die üblichen Gäste erst spät aufkreuzen. Obwohl Philipp, der Wirt, fleißig telefonierte, war Doris um 8 der einzige Gast, und die war zufällig da. Um 9 waren es noch keine 10 Gäste. Für mich war das schon ein nettes Publikum. So begann das Konzert recht familiär, mit direkter Ansprache der Gäste und ganz ohne Technik. Schon bald füllte sich der Laden, so dass ich den Verstärker bemühen musste. Um 10 war der Laden gut voll. Klar ist dann schon Unruhe im Raum, aber die Aufmerksamkeit bleibt hoch, da kann Philipp stolz auf seine Gäste sein. Um 11 ist der letzte Platz belegt. bestimmt 50 Leute. Ein junger Mann sitzt zu meinen Füßen und bekommt die Breitseite vom Verstärker ab. Jetzt muss ich schon ordentlich aufdrehen. Mit ruhigen Sachen brauche ich nicht mehr kommen. Nach 2 1/2 Stunden ist es dann auch genug für mich.
Bevor sie gehen, muss ich noch zwei Männer ansprechen, die gleich am Anfang da waren, aber bei Philipps Stammgästen unbekannt sind. Jedes meiner Stücke haben sie ernst und wissend besprochen. Tatsächlich waren sie am Nachmittag unter den Zuhörern an der Oberen Brücke und haben dort von dem spontanen Konzert gehört. Beim After-Show-Bier wird es nochmal richtig philosophisch, wie sich das für einen Kneipenabend gehört. Für mich fällt die Entscheidung, Coburg ausfallen zu lassen. Die Stimme ist erschöpft und schöner kann es nicht werden.
Von der Straße weg für den Abend eingeladen zu werden, das war schon lange mein Traum. Hier muss ich mich nochmal ganz herzlich bei Simone bedanken, die auf die wunderbare Idee mit dem spontanen Konzert gekommen ist, und bei Philipp, der sich sofort darauf eingelassen und alle seine Hebel in Bewegung gesetzt hat.
Straßenmusik in Bamberg
Jetzt wird es Zeit, die Erlebnisse aus Bamberg aufzuschreiben, bevor alles verblasst.
Wegen schlechter Wetterprognose hatte ich schon Zweifel, ob Bamberg eine gute Idee ist. Dass der Genehmigungsprozess merkwürdig ist, wusste ich schon. Man muss die Genehmigung persönlich beim Stadtmarketing beantragen. Erteilt wird sie dann vom Ordnungsamt, aber wieder vom Stadtmarketing ausgehändigt. Der Sinn dieser Prozedur erschließt sich mir nicht. Das könnte aber mit einem prominenten Fall zusammen hängen, wo ein Straßenmusiker zu mehr als 1000 € Strafe verurteilt wurde, aber die Stadt moralischer Verlierer war.
Für die angekündigte Wartezeit von einer Stunde hatte ich mir eine Stadtrundfahrt mit dem Einrad vorgenommen. Zu gegebener Zeit zeige ich hier ein Video. Toll fand ich die obere Brücke (schon eine Herausforderung mit dem Einrad) und den Rosengarten mit seinem Blick über die Altstadt. Was Besonderes ist die Domhütte, wo man spürt, dass so ein Bau ein Ewigkeitswerk ist, das von einer Hand zur nächsten weitergegeben wird.
Nach der vereinbarten Stunde war die Genehmigung noch nicht fertig. Krankheitsfall im Ordungsamt, wird aber sicher noch vor 12:00 fertig, man ruft mich an. Ich entschließe mich, meine Musikausrüstung aus dem entfernt geparkten Auto zu holen. Auf dem Rückweg in die Innenstadt spricht mich ein älterer Herr an wegen meiner Ausrüstung. Ihm geht es aber nicht wie so oft um meinen Street-Verstärker, sondern um meinen Wagen. Er sucht etwas für den Transport seines Akkordeons. Von der Logistik führt das Gespräch zu den Instrumenten und zur Liebe zur Musik.
Die Genehmigung lässt weiter auf sich warten, trotzdem entschließe ich mich, schon mal anzufangen, sonst vergeht noch der ganze Tag. Zuerst muss ich mich mit 4 Bulgaren arrangieren, die akustisch recht viel Raum brauchen. Der Platz am anderen Ende vom „Grünen Markt“ scheint mir dann nicht schlecht. Es gibt einen Brunnen und Cafes.
Als ich in Fahrt komme und gerade erste Fans gewinne, klingelt das Telefon, die Genehmigung ist fertig. Damit ich schnell wieder zurück bin, bitte ich das Paar im Cafe, kurz auf meine Sachen aufzupassen. Als ich nach 10 Min zurück bin, sehe ich die beiden erleichtert über meine Rückkehr. Vor einigen Wochen war die Frau „Opfer“ einer versteckten Kamera und dachte, ich würde wieder einen derben Spaß mit ihnen treiben. Normal denkt man sich ja nichts böses bei einer harmlosen Bitte.
Kurz nach meiner Rückkehr wollte eine Polizeistreife meine Genehmigung sehen – hat sich also gelohnt, sie gleich zu holen. Sie waren wegen einer Beschwerde unterwegs. Nach ihren Andeutungen könnten das die Bulgaren gewesen sein.
Nach der Mittagszeit begann in meinem Revier ordentlicher Baulärm, also: Umzug. An der nächsten Station war der Empfang unfreundlich. Ein Verkäufer hatte Angst, seine Kunden nicht richtig zu verstehen. Hier hatte ich auch die Bulgaren zuletzt gehört, nicht schlecht, aber eben etwas laut.
Weil ich keinen Streit will, suche ich dann halt was anderes und werden zur Oberen Brücke geschickt. Für mich ist es das eigentliche Schmuckstück in Bamberg, der Eingang zum historischen Bereich am Fuß des Dombergs. Hier kommen alle vorbei und viele genehmigen sich ein Eis oder einen Kaffee. Meine Pensionswirtin nennt das „klein Venedig“.
Ich sehe gleich zu Beginn, dass meine Musik hier gut ankommt. Ein Mann kommt nach wenigen Takten mit einer Spende zu mir. Seine Frau Frau grinst bei jedem neuen Stück über beide Ohren. Ich glaube, ich habe es richtig erwischt.
Ich sitze direkt vor dem Mohren-Haus, einem wunderbaren Laden für Tee und Wohn-Accessoires in einem historischen Gebäude. Die Verkäuferinnen machen Tür und Fenster auf und lächeln freundlich herüber. Die Musik scheint ihnen zu gefallen. Wie sich später herausstellen sollte, sogar ziemlich gut – aber das ist eine andere Geschichte, die ein anderes mal erzählt werden soll.
Eine der vielen Gruppen, die vorbei schleudern, sind Männer, die sich als Brasilianer zu erkennen geben. Nach dem Äußeren hätte ich sie in Mitteleuropa eingeordnet. Sie wollen Bossa Nova hören, ich wage „One Note Samba“ auf Brasilianisch. Das ist der mit dem vielen Text. Die Burschen sind zufrieden und meinen, man hätte schon jedes Wort verstanden.
Auf dem Rückweg komme ich bei dem Brunnen vorbei, wo mich Mittags die Polizei kontrolliert hatte. Ich frage zwei Marktfrauen, ob ihnen vielleicht meine Musik zu laut war – nein, garnicht. Aber eine beschwert sich, dass ich einfach ans Telefon ging, als sie gerade meinen Gesang erwartet hatte. Ich entschuldige mich, aber die Genehmigung ist hier in Bamberg eben eine ernste Sache.
Jamsession in Bayreuth
Dieses wunderbare Video hat Ernst in Bayreuth aufgenommen. Richard improvisiert so gefühlvoll, dabei war ihm das Stück bisher unbekannt.
Genau während dieses Stückes ist die Polizei direkt hinter der Kamera stehen geblieben und hat uns streng beäugt. Richard war so vertieft und hat davon nichts mitbekommen.
Bayreuth 2015
In Bayreuth war vieles anders als erwartet. Das Rathaus war leicht zu finden und die Genehmigung problemlos zu haben. Die Fußgängerzone war schon vor 10:00 recht gut besucht. Aber von dem geringen Zuspruch war ich doch anfänglich enttäuscht. In den ersten beiden Stunden lief praktisch nichts, höchstens ein freundliches Lächeln auf Distanz. Über die Mittagszeit hatte ich einem optimalen Platz. Trotzdem gab es nicht halb so viel Resonanz wie in Kulmbach. Auf dem Weg zum nächsten Platz ließ ich mir sagen, dass hier einfach zu viel Musik angeboten wird.
Da laufe ich dem Fotografen Ernst in die Arme. Das war eine Überraschung für mich, aber kein Zufall. Er verfolgt meien Blog und wusste daher, dass er mich hier finden konnte. So hat er das schöne Wetter für eine Foto-Pirsch genutzt. Erst mal haben wir unser Treffen begossen und geratscht. Danach wurde ein guter Spielort mit ansprechender Kulisse ausgewählt. Da lief es mit dem Publikum etwas besser, auch wenn sich weiterhin niemand von einem Straßencafe herüber locken ließ.
Aus der Frage eines jungen Mannes mit Gitarre am Rücken, wie man hier zu einer Genehmigung für Straßenmusik kommt, entsteht ein Gespräch, an dessen Ende ich ihn bitte, doch auch etwas zu spielen. Richard spielt echt super und möchte auf die Berufsfachschule für Musik gehen, um Musik zu seinem Beruf zu machen. Zusammenspiel und Improvisation sind das Größte für ihn und so spielen wir ein paar Stücke zusammen, aber eben nach meinen Möglichkeiten, also etwas, das ich schon kann und einfach aufgebaut ist, damit sich gut improvisieren lässt. Richard spielt mit meiner Gitarre und Verstärker, während ich auf seiner Gitarre akustisch begleite. Zusammen sind wir schon etwas laut. Als ich eben überlege, ob das Anstoß erregen könnte, fährt die Polizei vorbei. Direkt vor uns bleiben sie stehen und schauen recht prüfend. Als sie aber Ernst mit Kamera und Stativ hantieren sehen, fahren sie doch weiter. Ernst hat uns gerettet. Dachten die Herrn, das wäre hier ein Video-Dreh, hatten sie Angst vor schlechter Presse, oder wollten sie einfach keine Spielverderber sein? Wir werden es nie erfahren, glauben aber das Beste. 🙂

Nach ein paar ausgedehnten Stücken kommt der junge Schotte Ben vorbei, der zuvor schon mal bei mir gelauscht hatte. Natürlich konnten wir ihn überreden, mitzumachen. Ben kommt aus Edinburgh, wo er gut von Straßenmusik leben kann. Er hat eine tolle Stimme, spielt die Neo-Folk-Hits rauf und runter und ist ein sympathischer Junge, der offen auf alle Menschen zugeht. Jetzt tingelt er für einige Wochen durch Mitteleuropa.

Wenn so gejammt wird, freuen sich die Musiker, die Zuhörer bleiben da eher distanziert. Um so lustiger fand ich, dass sich dieser Typ von hinten anpirschte. Wir waren grade bei der Cuba-Sektion. Danach sah der Typ wirklich nicht aus. Pferdeschwanz, Death-Metal-Shirt, Army-Hose, Springerstiefel mit Lackschafft bis zum Knie. So saß er hinter den anderen Jungs und grinste vor Freude über die Musik. Die anderen konnten dieses Schauspiel erst nicht sehen. Bei einem anschließenden Bier wurde alles geklärt. Er spielt Metal-Bass, liebt aber spanische Gitarre. Was Richard abliefert, hat ihn entzückt. Der Metaller ist Ammi, möchte sich aber gerne hier niederlassen, wo er schon so viele Freunde hat.
Als sich unsere Runde auflöst, hat der Abend schon begonnen. Nach 6 Stunden Spielzeit habe ich keine Ambitionen mehr auf eine Einrad-Tour. Die Innenstadt gibt auch nicht so viel her. Mir war das Erlebnis genug.
Kulmbach 2015
Den ersten Tag meiner Franken Tour habe ich wie geplant in Kulmbach verbracht. Alles hat wie am Schnürchen geklappt. Kostenlosen Großparkplatz in Zentrumsnähe angesteuert. Kurzer Fußmarsch zum historischen Marktplatz. Gemütlicher Sitzplatz im Schatten. Vor mir der Würstlstand, der Wochenmarkt und ein voll belegtes Straßencafe. Dazu die ersten Sommertemperaturen im Frühling. Schon beim ersten Stück beginnen die Münzen zu klingen. Immer wieder ein Lächeln oder anerkennende Worte. So geht das, bis die Mittagszeit vorbei ist und der Markt abgebaut wird. Dann ist auch mein Kopf leer und es ist Zeit für mich, aufzuhören.
Zur Stärkung steuere ich die nächstgelegene fränkische Wirtschaft an. Beim Blick auf die Speisekarte lädt mich der einzige Gast im Freien an seinen Tisch ein. Die Franken scheinen mir recht zugänglich und gesprächig zu sein. Das trifft besonders auf Manfred zu. Er hat so viele Tipps für mich, dass ich sie kaum behalten kann. Er ist stolz auf seine Heimatstadt und deren Biertradition, obwohl hier bis Kriegsende auch Weingegend war. Er weiß auch viel über den Niedergang der Industrie in dieser Gegend.
Auch für den Besuch auf der Plassenburg hat Manfred eine Empfehlung. Der Fußweg ist steil und unerquicklich. Der Bus ist bequem und nicht teuer. Weil ich nicht ganz fit bin und mich nicht am ersten Tag schinden muss, bin ich leicht überredet.
Auf der Burg ist außer Baustellenlärm wenig los. nur einem Grüppchen begegne ich, die Abends im gleichen Gasthaus essen. Im Innenbereich der Burg liegt fießes Kopfsteinpflaster, das für den Einradfahrer eine echte Herausforderung darstellt.